Rückweg

01.07.2014

Der gute Segler denkt voraus. Vor allem der, den am Ende des Törns wieder ein Job erwartet, zu welchem er pünktlich zu erscheinen hat. Also taktiert man hin und her, wann man mit dem Rückweg beginnt, bevor die letzten Tage in Stress ausarten, weil der Wind nicht passt. Bei uns ist es soweit, wir sind auf dem Rückweg.

Verschlafene Gesichter guckten sich heute morgen an. Eigentlich ist Deutschlands Elf Schuld, dass wir regelrecht verkatert aussehen. Hätten die Jungs gleich vernünftig gespielt und es ohne Verlängerung geschafft, hätten wir gut 30 min. mehr Schlaf gehabt.

Da unsere Chemie gerade etwas explosiv eingestellt ist, beschränken wir uns aufs Segelerische. Sieben Meter Boot sind nun mal kein Tanzsaal; sich aus dem Weg zu gehen ist schier unmöglich. Also Augen zu und durch. Die Crew funktioniert ja trotzdem.
Skanör wurde nach einem spartanischen Frühstück gegen 8 Uhr verlassen; Appetit hatte keiner so richtig.

Die Lage des Hafens Skanör direkt vor einem Verkehrstrennungsgebiet (kurz VTG) ist bei Westwind SEHR ungünstig, wenn man südwestwärts weiter will. Denn ein VTG hat man, wie eine große Hauptstraße, möglichst im rechten Winkel zu kreuzen. Immerhin ist eine Spur im Schnitt 1,5 sm breit. Für die 3 Seemeilen (2-spurig!) braucht unser Boot schon 30-40 Minuten. Wenn dann so ein Dicker angedüst kommt, führt das bei unserer Bootsgröße schon zu dem einen oder anderen Schweißtropfen.
Bei Westwind ist das hier einfach nicht zu packen. Segeln geht nicht, wenn der Wind direkt von vorn kommt. Also musste wieder der kleine schwarze Schreihals ran, damit wir das VTG halbwegs vernünftig queren. Damit er und alle seine 8 PS nicht zu sehr leiden, fuhren wir - nicht ganz vorschriftsgemäß - etwas schräg zu Wind und Wellen (und somit auch dem VTG) und holten das Vorsegel als Unterstützung raus. Ungefähr 6 sm lang mussten wir drei das ertragen. Der Motor die Belastung, wir seinen Lärm. Aber gut, nach einer gepflegten Unterhaltung war uns eh´ nicht ...
So sieht das dann als Trackaufzeichnung aus - wie ein Abbild von Verkehrsrowdys:


Und in "echt" sieht das so aus: ein Containerschiff im Kreisverkehr des VTG:



Hinter dem Verkehrstrennungsgebiet durfte dann endlich gesegelt werden. Der Wind zierte sich am Anfang noch etwas, kam dann aber mehr und mehr auf.  Dieses "Mehr" stellte sich dann bald als Schauerböen heraus. Das heißt, erst bekommt man starke Böen ab und danach den Schauer. Aus 3 Bft wurden erst 5, dann 6 und in Spitzen hatten wir 7 Bft (=14 m/s). Da half nur noch, schnell nach vorne zu gehen und das 2.Reff ins Großsegel zu binden. Anders waren diese Winde nicht zu beherrschen.
Die Welle baute sich natürlich auch noch auf, knapp mehr als 1 m Höhe kam da angerollt. Immerhin hatten wir endlich mal wieder Spaßgeschwindigkeit - also in den Abschnitten, in denen wir uns nicht in den hohen Wellen "feststampften". Das passiert dann, wenn der Wellenabstand und die Länge des Bootes so gut zueinander passen, das die erste Welle noch knapp "überfahren" wird, das Boot in die zweite Welle schon leicht reinfährt und von der dritten dann fast aufgestoppt wird.
Aber wir haben uns trotz Wind und Welle im Kreuz Richtung Südseite Insel Møn kämpfen können und kamen mit einem ganzen Pulk von Booten in den Hafen Klintholm. "Boah, nass und fertig" - das stand jedem ins Gesicht geschrieben, der mit uns einfuhr.


Mit einem warmen Essen im Bauch (Spaghetti aglio olio mit mariniertem Nackensteak - die Kühlbox musste entrümpelt werden und wir hatten keine Lust auf Grillen) noch schnell Liegegeld bezahlen und ab in die Koje. Morgen geht´s weiter - Pläne haben wir für fast jede angesagte Windrichtung. Die deutsche Küste wird es sicher werden. Ostseeküste ... klar :-) Aber wo?!?!?

Mariner Düsentrieb

30.06.2014 (mangels Datenanbindung in Skanör einen Tag später veröffentlich)

... da sind wir aber schnell runtergerutscht.

Der Wind meinte es aber auch wieder sehr gut mit uns. Er kam mit 4-5 Bft aus Nordwest, wir waren auf einem südöstlichen Kurs unterwegs. Ergo: fantastischer Halbwind. Unser Wohnschiff flog bereits im Stadtgebiet von Kopenhagen über die Wellen - was aber auch gut war. Der Verkehr war zwar nicht ganz so schlimm wie am Freitag, aber es reichte trotzdem:



 Da wir auf der Fahrt von einem dänischen in einen schwedischen Hafen wechselten, war Flaggenwechsel angesagt. Man führt immer nur die Flagge des aktuell besuchten Landes im Rigg. Also Dänemark runter und Schweden hinauf. Natürlich mit dabei gesummter Fanfare :-)

Anschließend würde sie noch nach oben auf ca. halbe Masthöhe gezogen - da unten sieht sie ja niemand .... 


Und das ist unser aktueller Hafen: Skanör. Südlich von Malmö und 20 Seemeilen von Kopenhagen entfernt.
Zu mehr hatten wir heute keine Lust, zum wieder Eingewöhnen reichte diese Strecke.
Nach dem Anlegen (puh, ist das voll hier) ab zum Hafenmeister und am Automaten das Liegegeld bezahlt:



Und dann kam das, was uns eigentlich in diesen Hafen trieb:

Diese Wraps. Wir waren vor zwei Jahren schon mal hier und hatten im ersten Reiseblog bereits über diese Köstlichkeit berichtet.
Boah, wat sind die lecker. Dazu noch ein "Anlegebier", ein Sonnenplätzchen im Cockpit und sich über den vorletzten Liegeplatz im Hafen gefreut. Der Hafenmeister selbst hatte noch beim Anlegen mit zugepackt.

Während sich der Skipper unter Deck zurückzog, zog es mich umso mehr an den nahen Strand. Schön. Schön! Einfach - schön:


Leider wähnte unsere Freude über den Liegeplatz nicht lange. Ein Boot mit freundlichen aber trotzdem bestimmt auftretenden Schweden machte seinen Anspruch geltend. Sie waren Dauerlieger und entsetzt, dass der Hafenmeister ihren Platz weggegeben hatte. Nun  liegen wir mit oberster Erlaubnis am Kopfende des Hafens, zwischen den Boxen. Nicht gerade ein 5-Sterne-Platz, aber ein Logenplatz zum Genießen des Sonnenuntergangs.


Bei der Auswertung der Daten der Navigationssoftware bestätigte sich: wir hatten eine Super-Fahrt hinter uns gebracht. 20 Seemeilen in knapp dreieinhalb Stunden! Durchschnittliche Geschwindigkeit 5,8 ktn!! Für unseren kleinen, vollgeladenen Joghurtbecher echt ´ne Leistung. Die Höchstgeschwindigkeit schenke ich Kenneth und Ira zum Dienstagabend :-))))



Das ist die Trackaufzeichnung. Unsere Strecke in gelb:


Am Abend quälten wir uns noch mit müden Augen bis zum Deutschlandspiel. Dank Einfallsreichtum und etwas Sprachverständnis war es diesmal auch für uns möglich. Den DVBT-Empfänger packte ich in einen wasserdichten Handybehälter und diesen knüpperte ich ans Fall des Großsegels. Dann wurde der Empfänger ins Rigg gezogen. Da das Signal per WLAN (Modell tivizen)weitergereicht wird , war er trotz der Höhe nutzbar. Mc Gyver wäre stolz auf mich gewesen. Endlich empfingen wir einen Sender mit Fußball-WM-Übertragung. Einen schwedischen - OK (TV 4 Malmö), aber man kann nicht immer alles haben. Da die Moderation im Webradio von Spreeradio etwas arg hinterherhinkte, schauten wir fast das ganze Spiel auf schwedisch. Wir waren erstaunt, wie viel man dabei versteht.

Anschließend fielen wir mit dem Abfiff ins Schlaf-Koma. DER Tag war lang.
Morgen soll es doch schon weitergehen ...















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